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"Weißwein vom Wittensee"

ECKERNFÖRDER ZEITUNG VOM 17. JANUAR 2020

GROSS WITTENSEE Die Gemeinde Groß Wittensee ist bekannt für ihre Mühle, den See, ihren Sprudelproduzenten – die Wittenseer Quelle – und vielleicht bald auch für ihren exzellenten Weißwein. Daran arbeitet Bernd Lünstedt seit Kurzem. Lünstedt ist eigentlich Professor und als Chirurg in Kliniken in Berlin und Preetz tätig. Wenn er mal gerade nicht operiert, lebt er mit seiner Frau Ariane in Groß Wittensee und bewohnt dort einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb, vermietet Ferienwohnungen. Der Segelsport und dieNatur haben ihn in die Region gelockt. Sein genaues Alter will Bernd Lünstedt nicht verraten, „in den 60ern“ sei er, ein paar Jahre wolle er noch praktizieren. Das Winzern ist ein neues Hobby von ihm, das er gemeinsam mit dem Holzbunger Julius Henningsen teilt. Beide wollen den Wittenseer Wein zu einer Marke machen. Den Grundstein hat Bernd Lünstedt dafür Mitte Dezember gelegt, rund 570 junge Weinreben haben und einige Helfer auf dem Grundstück, einer früheren Pferdekoppel, gepflanzt. Auch die Pflanzstäbe, an denen der Wein hochranken soll, stecken schon. Die ersten, nur wenige Zentimeter großen Triebe sind der Anfang von einer deutlich größeren Fläche, auf der Bernd Lünstedt Wein anbauen möchte. „Insgesamt werden es ein, später vielleicht 1,5 Hektar werden“, sagt Lünstedt. Die erforderliche Hanglage hat das Grundstück sogar. Zuvor musste sich der Groß Wittenseer aber beim Land um die Rebpflanzungsrechte bewerben, die er auch erhalten hat. Genehmigte Pflanzungen gibt es bisher auf den Inseln Sylt, Föhr und Fehmarn, am Westensee, Malkwitz, Bargteheide, Strande, Neuwittenbek und Grebin. Norddeutscher Wein ist ein Exot unter den deutschen Weinen alleine wegen der Größe der Anbaufläche. Zum Vergleich: Den knapp 30 Hektar in Schles-
wig-Holstein stehen bundesweit insgesamt rund 100.000 Hektar gegenüber. Dabei spielt auch Bernd Lünstedt die Klimaerwärmung in die Hände. Das milde Reizklima ist optimal für Solaris, eine weiße Traube, die im Norden überwiegend angebaut wird und deren Saft dann gekeltert wird. „Die Sorte ist sehr robust und pilzresistent“, betont Lünstedt die Vorteile von Solaris. Lünstedts Ziel ist nicht nur, einen edlen Tropfen und Traubensecco, also die alkoholfreie Variante, zu produzieren, sondern er will auch CO2-neutral wirtschaften. „Ich verzichte ganz auf Pestizide und andere Chemie“, sagt er. Stattdessen setzt er auf die wachstumsfördernde Wirkung des Pferdedungs seiner Tiereundauf eine kleine Herde Quessantschafe. Diese bretonischen Zwergschafe sollen die von Bernd Lünstedt akkurat angelegten Reihen frei von Unkraut halten, die mit den Weinreben um Wasser und Nährstoffe konkurrieren und sie sollen die Blätter der Rebstöcke fressen. Unterstockpflege nennt sich das. Gleichzeitig sorgen auch sie für natürlichen Dünger auf dem Wittenseer Weinberg. „Diese Rasse ist so klein, dass sie nicht an Trauben kommen, sie können auch nicht Männchen machen“, erläutert Lünstedt. Fünf bis sechs dieser Schafe sollen statt Herbizide zum Einsatz kommen. Ein Wildzaun wird noch aufgebaut, um die Reben vor Verbiss zu schützen. Das erste Versuchsfeld hat Bernd Lünstedt schon angelegt. Insgesamt sollen es aber rund 5000 Pflanzen werden. Stück für Stück soll der Weinanbau wachsen, der Mediziner will eher Qualität statt Masse. Im Frühjahr nach den Eisheiligen will er die anderen jungen Reben einpflanzen. In zwei Jahren, also im August 2022, rechnet er mit der ersten Weinlese. „Etwa 6000 Flaschen können dann abgefüllt werden“, meint er. Um Transportwege zu minimieren, plant Bern Lünstedt auch, den Wein bei sich zu keltern. Die Vermarktung und der Vertrieb soll über die Anbieter in der Umgebung erfolgen, also beispielsweise den Getränkehandel, den Frischemarkt und den „Schützenhof.“ Ein Namen für sein Gut hat der Hobby-Winzer noch nicht, „vielleicht Wittenseer Weinmanufaktur““, sagt er.

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